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AndersArtig-Blog

Flo schreibt schon seit ein paar Jahren. Dies und das, aus seiner Zeit als pädagogische Fachkraft, über Schule, (Nicht)Erziehung, Partnerschaft, über sich und sein Heilen von der alten Autorität. Manchmal auch über das Mann und Vater sein, in einer Welt, die dringend präsente Väter braucht, aber selten auf gelungen Rollenvorbilder zurückgreifen kann. Bis jetzt nur auf Facebook, gibt es die Texte nun auch hier! :-)


10/19/2022

The sound of Eltern…

The sound of Eltern…

Du klingst wie deine Mutter!!! Sagt innerer Flo Eins zu Flo Zwei (oder Sechs?). Und ja, was soll ich sagen? Wenn ich diesem Nachhall lausche, den Worten, dem Klang, dem Sound… Verdammt, ich höre mich exakt so an! Sch… Die leicht gehässigen Dinge, die offensichtlichsten, manipulativen Mikroagressionen, die eben schon lange nicht mehr mikro sind. Das laute Schweigen, gefolgt von Sätzen, die vor oberleererhaftem Ton triefen. Provoziertes Mitgefühl, sofortige Kränkung bei Kritik. Es ist. “Du müsstest deinen Ton mal von Kassette hören!” Nein… Lieber nicht… Ich höre schon auf. 😟

Nein, sie waren nicht nur so, natürlich nicht, und auch unsere Eltern konnten nichts für das Leben und die Erziehung, in das und die sie geboren wurden. Und wenn… Ich bin doch jetzt auch oft genau so hilflos. Ich mache es so oft kein Stück besser. Das ist mir wichtig. Sie konnten auch nichts für die Erwartungen, die an sie gerichtet wurden und nichts an den Worten und Strategien ändern, die ihnen selbst eingepflanzt oder mit Gewalt “beigebracht” wurden. Dennoch ist es als Erbe tief in mir verankert, mit dem ich mich auseinandersetzen möchte.

Ich habe es so sehr abgelehnt, als Kind, als Teenager, ich weiß noch tausendmillionen Situationen, in denen ich nur noch weglaufen wollte, mich dafür schämte. Und es noch heute tue. Aber ich konnte nicht, denn “schau doch, wie du kleines Kind da draußen klar kommst, lächerlich, ha ha” und dann später “bist du nur feige und genau wie dein Vater!” Und heute wiederhole ich, was ich so gar nicht wollte. Egal, wohin ich flüchte, ich bin doch schon dort. Und heute leben wir wirklich stark verantwortlich und verwickelt in Elternschaft, die so viel Präsenz und Kraft und Aufmerksamkeit braucht… Das ist so verdammt anstrengend, hm?

Unser Gehirn hat sich programmiert. Es musste, konnte gar nicht anders. Das ist das Ding, was es tun muss. Als kleiner Säugling haben wir mit den Augen aufgesogen, wenn wir Mama und Papa zuschauten wenn sie sich stritten, und mit den Ohren, wenn sie über sich selbst oder andere urteilten. Wir haben nachgeahmt, wurden bestätigt oder auch nicht, haben ausprobiert und wurden erzogen. Wir haben Ambivalenzen rechnerisch zu verarbeiten, die auf der emotionalen Ebene kaum zu vereinbaren sind. Dass wir alle kaum Eins sind (wer bitte ist “Ich”?), glaube ich mittlerweile fest. Und dass eine “reine Kopfsache” so etwas materielles wie ein heiler starker Arm sein kann, auf klitzekleinster Ebene, dass für bestimmte Gedanken und Gefühle, für unser Erleben, auch die handfeste (oder weiche) dazu gewachsene physisch-chemische Struktur bestehen muss, glaube ich ebenso. (Ohne genau zu sagen, was und wie und wo ein Gedanke eigentlich ist. Einen kleinen tieferen Exkurs bereite ich noch vor.) Und dann sind unsere Gehirne auf allerkleinster Ebene so unterschiedlich geformt. In so verschiedenen Kontexten auf-gewachsen. Dass wir uns möglicherweise nahezu alle in einer Form der Neurodiversität verbunden fühlen dürfen…

… vielleicht liegt genau dort unsere Chance zur Veränderung. Ich lehne es nicht mehr ab, leugne nicht meine und deine Anteile. Ich feiere sie nicht alle, manche dürften sich vielleicht öfter Party oder was auch immer gönnen, ich will sie manchmal ganz und gar nicht, aber ich sehe, sie sind da, und ich bekomme eine Idee davon, warum. Und ich gestehe dir und dir und dir das gleiche zu. Wenn mir persönlich aber diese Zeit und dieser Ort eine Möglichkeit gibt, dann die, zu der andere zu anderen Zeiten, oder auch jetzt an anderen Orten, nicht die Gelegenheit bekommen, nicht den Hauch einer Chance haben: Wenn ich es mit etwas gut habe, dann auch damit, dass ich hier all das anerkennen kann, ohne wirklich ernsthaft um mein Leben und meine Integrität fürchten zu müssen. Ich habe den Luxus und das absolute Privileg, ein Leben zu haben, was mir die Zeit lässt, mich überhaupt nur mit soetwas befassen zu können. Mir steht der Zugang zu Dingen frei, die mir und uns vielleicht ein kleines bisschen wenigstens erklären können, warum genau ich wie meine Mutter klinge, und was helfen kann, damit ich ein paar Kreise durchbreche.

Mit all diesen Dingen bin ich, bist Du. Fachkraft, Eltern, Menschenbegleiter:in, Partner:in, einfach Mensch. Und da wir 99,9 Prozent unserer Zeit nicht wirklich bewusst zu sein scheinen, hier nur ein kleiner Augenblick. I feel you in every way. ♥️

AndersArtig-Flo

#Verstehenhelfen

Admin - 11:54:04 @ Allgemein | Kommentar hinzufügen

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