ANDERS - ARTIG  INSTITUT            
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AndersArtig-Blog

Flo schreibt schon seit ein paar Jahren. Dies und das, aus seiner Zeit als pädagogische Fachkraft, über Schule, (Nicht)Erziehung, Partnerschaft, über sich und sein Heilen von der alten Autorität. Manchmal auch über das Mann und Vater sein, in einer Welt, die dringend präsente Väter braucht, aber selten auf gelungen Rollenvorbilder zurückgreifen kann. Bis jetzt nur auf Facebook, gibt es die Texte nun auch hier! :-)


04/13/2023

Über deine Warumse - Und Warum sie nicht die deines Kindes sein sollen

“Papa… du warst heute irgendwie schon wieder so…. hmm… merkwürdig!”

Oh Süße, ja!

Gegen meine ersten Impulse von “Ach?!” “Aber ne…” “Pff… warum, lass mich doch!” …. spüre ich gerade Erleichterung und Dankbarkeit. Weil, verdammt, du hast einfach recht! Und es ist ganz wunderbar, dass du mir sagst, was du in mir erkennst. Dass du ausdrückst, dass mein Umgang mit dir nicht so ist, wie du es kennst, wenn es sich “richtig” anfühlt. Es sind deine ersten Versuche und Reaktionen auf meine Versuche, in Beziehung zu gehen, wo ich es als (kleines) Kind selbst nicht erlebt habe. Wenn ich danebenlag oder ins Meckern komme, wenn ich meinen inneren Druck bloß durch knappe Antworten und wenig echte Zu-Wendung zeige, hektisch agiere, aus für dich nicht erkennbaren Gründen ungeduldiger bin… Wenn ich abwesend wirke, ins Nichts oder aus dem Fenster starre, nicht gut reden kann…. wenn ich dann merke, ich kann mich dir zuwenden, dir ein wenig sagen, was in mir ist, dann ist es gut. Nicht, weil ich bei dir Entlastung finde. Ich will etwas von dir nehmen, oder viel mehr, möchte nicht, dass du meine Gefühle überhaupt erst integrierst. Ich kann (mit Schrecken manchmal!) erkennen, dass du gerade in meinen Schuh steigst, der dir viel zu groß und sperrig und schwer ist (dann übernimmst du Verantwortung, malst mir ein Bild zur Aufmunterung, performst und es bricht mir ein bisschen das Herz, wie du kleiner Mensch meinen Ausdruck wahrnimmst und die Stimmung beeinflussen möchtest…). Weil es ein Warum gibt, das nicht im Kleinsten an dir hängen soll, weil du für meine guten Gründe vielleicht nicht die Verantwortung übernehmen sollst. Aber du darfst wissen, dass Papa seine eigenen Warumse hat. Und dass es immer eines gibt. Du musst es sogar wissen, damit du dich frei machen kannst davon. (Ich weiß, das sage ich oft, aber in Projektionen liegt leider so viel Kraft….) Du kannst schon so viel verstehen! Die Lösung meiner Sorgen, die du auch nicht im Detail kennen musst, soll aber nicht in dir liegen und ich zeige dir, dass ich Verantwortung für mich (und uns) übernehme. Und dann weiß ich, wenn du dich traust, mir zu sagen, dass ich gerade doof war oder eben merkwürdig, dass du dich etwas bei mir trauen kannst, was ich als Kind niemals konnte. Dass ich schaffe, Kreise zu unterbrechen! Und darüber möchte ich einfach nur froh sein. Ich habe dir letztens erzählt, dass ich ganz schlecht geschlafen habe und mich dann den ganzen Tag etwas komisch fühle, das hast du so gut verstanden. Und du fragst mich gleich, ob ich wieder schlecht geschlafen habe…. ich liebe es! Oder dass ich manchmal besonders aufgeregt bin vor einem Termin oder Vortrag oder was auch immer, dass ich Schiss habe und deswegen grübele, ich weiß auch nicht warum, dass ich dann manchmal länger darüber nachdenke… Weißt du, es ist manchmal wie im Morgenkreis… Kennst du das? Wir sind vielleicht manchmal ein bisschen aufgeregt, und es ist ein bisschen komisch, dranzukommen? 😊 Ich war früher sehr viel aufgeregt. Und heute bin ich es immer noch manchmal… Komisch…

“Ach Papa, ist schon ok. Du schaffst das schon!” Und dann erinnerst du mich an das zweite oder (dritte? Kleine!) Eis, um das du eben schon gebeten hast, und ich bin einfach glücklich, dass du es tust. Ja, bitte, trau dich immer, deine eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu äußern! Ich bin froh, wenn ich sehe, dass du dich zeigst. Und ich erwarte nicht, dass du dich zurücknimmst, weil ich mich nicht gut um mich gekümmert habe. (Und ich weiß, du wirst das  jetzt öfter tun. Du wirst mich konfrontieren und auf mich selbst zurückwerfen, weil du bzw. dein Gehirn es lieben wird, das “zu üben”. Hach… wie… äh… schön. Doch. 😊)

Auch als Fachkraft schätze ich es sehr, wenn Kinder sich trauen, sich zu zeigen, oder auch mir zu zeigen, wenn sie etwas in mir und meinem Verhalten erkennen, was nicht ihres ist, das auf sie so zuschreibend wirkt, das verletzend sein kann. Wenn sie sich trauen, mir zu sagen, dass ich heute einen ganz schönen Meckertag hatte oder was auch immer, ist es für mich auch ein Vertrauensbeweis; hier hat jemand keine Angst vor mir. Und das ist gut und richtig und wichtig!

Neue Autorität darf transparent sein, auch im Bezug auf das eigene Innere. Wir müssen keine Einzelkämpfer mehr sein, ob als Eltern oder Fachkräfte, und ich habe keine Angst, Autorität einzubüßen, wenn ich denke oder sage: Du bist nicht der Grund für mein Sein. Ich habe eigene (alte) Gründe, und die erkenne ich an. Und ich wende mich mir selbst, diesen Untiefen und Bodenschätzen liebevoll zu, ebenso wie dir! ❤

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Admin - 09:19:04 @ Allgemein | Kommentar hinzufügen